Gedenken an Heinrich Fries #4
Wie muss Kirche sein, damit man sie nicht für überflüssig hält? So fragte sich 1995 Heinrich Fries. Hier noch weitere Antworten zu den bereits letzte Woche zitierten:
„Die Kirchen erscheinen dann nicht als überflüssig, wenn sie … sich als Gemeinschaften der Glaubenden, der Hoffenden und der Liebenden darstellen; wenn sie täglich mehr zu diesen Gemeinschaften werden; wenn das Wort Jesu verwirklicht wird: ‚Wer unter euch der Größte sein will, der sei Diener aller.‘…
Die Kirchen werden dann nicht überflüssig, wenn sie die Zeichen der Zeit verstehen und in ihnen einen theologischen Ort sehen, der Orientierung, Verpflichtung und Verantwortung in sich schließt…
Die Kirchen hätten auch heute eine Menge zu bieten: als Orte solidarischer Gemeinschaft, religiöser Orientierung und der Besinnung auf das wirklich Wichtige im Leben. Es ist geradezu tragisch, wie sehr dieses ‚Kapital‘ durch unbewegliche Institutionen verschleudert wird. ..
Die Kirchen werden dann und deshalb nicht überflüssig, weil sie die memoria Jesu, das ebenso tröstliche wie gefährliche Andenken an Jesus aufrechterhalten: in der Verkündigung, in Sakrament und Liturgie, im alltäglichen Leben…
Das größte Hindernis für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Kirche ist ihre Spaltung in Konfessionen…Nur eine Kirche, in der sich Einheit in Vielfalt darstellt, kann den glaubwürdigen Erweis erbringen, dass sie nicht überflüssig ist. Eine Kirche wird dann nicht überflüssig, wenn sie in und mit aller Zuwendung und Offenheit zur Welt ihre gesellschaftskritische Funktion und Aufgabe nicht vergisst und versäumt.“
(Heinrich Fries, Vor der Entscheidung. Werden die Kirchen überflüssig?)
Reinhold Jochim